Raus aus der Vergeblichkeitsfalle – Kommunale Überlebensfähigkeit sichern

In den drei bergischen Großstädten wird das Eigenkapital in wenigen Jahren aufgebraucht sein
und, privatrechtlich ausgedrückt, der „Status der Überschuldung“ eintreten. Und dies, obwohl seit
Jahren ein strikter Sparkurs verfolgt wird, der den Bürgerinnen und Bürgern viel zumutet und dazu
führt, dass an eine ordentliche Unterhaltung der städtischen Infrastrukturen kaum mehr zu denken
ist. Der Zustand der kommunalen Straßen und Gebäude in den bergischen Großstädten ist schwierig. Selbst ein theoretischer Verzicht auf sämtliche freiwilligen Leistungen würde weder in
Solingen noch in Remscheid oder Wuppertal zu ausgeglichenen Haushalten führen. Unsere Städte befinden sich finanziell in einer so genannten „Vergeblichkeitsfalle“. Eine Situation,
die sie nicht selbst verschuldet haben, denn ein Großteil der kommunalen Belastungsfaktoren hat
externe Ursachen: Der starke Rückgang von Steuereinnahmen (vor allem 2000 bis 2005), beständig steigende Ausgaben für kommunale Pflichtaufgaben (Jugendhilfe und Soziales) trotz sinkender Einwohnerzahlen, massive Enttäuschung der Einsparerwartungen an die Sozialhilfe-Reform
des Bundes, regelmäßige Verstöße von Bund und Land gegen das Konnexitätsprinzip, Beschränkung
des Bundes und Landes auf anteilige Investitionskostenförderung für den Ausbau von
Betreuungsangeboten (Schul- und Kita-Bereich), fehlende Finanzierung der Folgekosten sowie ein
exorbitanter Anstieg der Energiepreise.
Bund und Land haben in den vergangenen Jahren systematisch Leistungen auf die Kommunen
abgewälzt oder ihre Haushalte auf Kosten der Kommunen entlastet. Ergebnis: nordrheinwestfälische
Großstädte mit sinkenden Einwohnerzahlen, einem hohen Migrationsanteil und einem
relativ niedrigen Pro-Kopf-Einkommen stehen vor kaum zu bewältigenden Aufgaben. Von
oben diktierte Konsolidierungsvorgaben der Kommunalaufsicht, etwa die drastische Erhöhung der
Gewerbesteuer- oder Grundsteuerhebesätze, lösen die Problematik nicht, sondern verstärken sie.
Selbstverständlich erwarten wir von den Kommunen weiterhin intensive eigene Anstrengungen
zur Konsolidierung der kommunalen Haushalte. Ein wesentlicher Punkt ist dabei der konsequente
Ausbau der regionalen Kooperation und eine regelmäßige und nachhaltige Aufgabenkritik in allen
Bereichen der Verwaltung.

Die Verschuldung darf nicht dauerhaft an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden.
Dies ist eine unverantwortliche Verlagerung der Probleme auf unsere Kinder und Enkelkinder.
Vor allem die nordrhein-westfälische Landesregierung, aber auch die Bundesregierung, ist nun gefordert, ihrer Gesamtverantwortung gerecht zu werden und die maßgeblich von diesen Ebenen erzeugte finanzielle Schieflage zu beseitigen. Nur so können die drei bergischen Großstädte die Abwärtsspirale überwinden.
Daher fordert die SPD im bergischen Städtedreieck:

�� Eine wirkliche und faire Reform des kommunalen Finanzausgleichs, die die Situation finanzschwacher
westdeutscher Großstädte nachhaltig verbessert
In diesem Zusammenhang ist ein Fonds für bedürftige nordrhein-westfälische Kommunen
zur konkreten finanziellen Unterstützung und zum Abbau der Altschulden zu gründen.
Diesen Fonds müssen vor allem Land und Bund tragen. Wer die private Bankenlandschaft
in einer selbstverschuldeten Krise schützt, muss einen solchen Schutz erst recht für hilfebedürftige
Kommunen anbieten.

�� Die verbindliche Einhaltung des „Konnexitätsprinzips“
Wer die Leistung bestellt, muss sie auch bezahlen. Wenn Bundesfamilienministerin von
der Leyen den Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz in der Ausgestaltung des
Kinderförderungsgesetzes regeln lässt, muss der Bund auch alle Mittel dafür bereitstellen.
Wenn Bundesbildungsministerin Schavan eine verbesserte Bildungslandschaft verspricht,
muss der Bund auch das Geld geben. Und wenn NRW-Ministerpräsident Rüttgers und Schulministerin Sommer nun die Verbesserung der Übermittagbetreuung an nordrheinwestfälischen
Schulen versprechen, muss das Land auch die Zeche bezahlen – und zwar die Ganze. Die „Kommunalisierung“ der Versorgungs- und Umweltverwaltung durch das Land war ein besonders eklatanter Verstoß gegen das Konnexitätsprinzip, denn sie wurde den Kommunen aufgedrückt, ohne die für die Aufgabenerledigung erforderlichen Mittel
bereitzustellen. Hier ist unverzüglich finanziell nachzubessern.

�� Die kostengerechte Beteiligung von Bund und Land an sozialen Transferleistungen
Bei den Kosten der Unterkunft im Rahmen von Hartz IV und der Verteilung der Landesersparnisse
bei den Wohngeldausgaben ziehen die Kommunen den Kürzeren. Die durch einen untauglichen und willkürlichen Schlüssel bedingte Absenkung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft, die im bergischen Städtedreieck allein für 2009 zu weniger Einnahmen von fast 5 Mio. € führt, muss unterbleiben.

�� Eine grundlegende Reform des Finanzierungs-Systems ostdeutscher Kommunen. Seit nunmehr 10 Jahren zahlen westdeutsche Kommunen – allein die bergischen Großstädte mehrstellige – Millionenbeträge im Wege ihres Solidarbeitrages, die sie zur Aufrechterhaltung der eigenen Infrastruktur dringend selbst benötigen. Die alte Ost-West-Trennung ist überholt und wird der realen Entwicklung nicht mehr gerecht. Hier erwarten wir
schnellstens eine Initiative des Landes NRW und des Bundes zur Änderung der antiquierten
rechtlichen Regelungen.

�� Eine Neuausrichtung der Strukturförderung, orientiert am Rahmen der tatsächlichen Anforderungen der Regionen und Kommunen
Das Land hat durch Einflussnahme auf die Kommunalaufsicht sicherzustellen, dass bedürftige
Kommunen diese Strukturförderungen durch die Genehmigung ihres Eigenanteiles auch annehmen dürfen und einsetzen können. Die SPD im bergischen Städtedreieck steht zur Verantwortung gegenüber den Menschen unserer Region. Sie wird sich offensiv an der Diskussion um weitere Einsparungen beteiligen und weitere inhaltliche Beiträge zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte leisten. Dabei steht die stärkere Kooperation der Städte ganz oben auf der Agenda. Daran wird deutlich, dass die bergischen Großstädte nicht nur berechtigte Forderungen an Landes- und Bundesregierung richten, sondern konsequent selbst ihre Konsolidierungsaufgaben erledigen.