
Anrede,
Nicht nur die städtischen Führungskräfte und Mitarbeiter, nein wir alle müssen lernen und den Mut haben, viele wünschenswerte Dinge nicht mehr zu tun,
künftig mit weniger Mitarbeitern viele Arbeiten nicht mehr tun zu können und weniger Geld ausgeben für Aufgaben, die wir zumindest nicht mehr so erfüllen können, wie bisher.
Wir wollen heute die Grundlage für ein neues Haushaltssicherungskonzept schaffen. Die SPD-Fraktion in der Gestaltungsmehrheit ist dazu bereit. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten Stunden über Stunden in wechselnder Zusammensetzung als Fraktion, als Fraktionsarbeitskreise, als Fraktionsvorstand und gemeinsam als Fraktionsvorstände getagt, mehrere ganztägige Klausursitzungen hinter uns gebracht, immer mit der Zielsetzung:
In welchen Bereichen des Haushalts können wir überhaupt und um wie viel die Ausgaben kürzen.
Wo und wie viel können wir kürzen, ohne die städtischen Strukturen Remscheids in der Substanz und unwiederbringlich zu zerstören?
Wo und wie viel können wir kürzen, ohne die soziale Struktur unserer Stadt zu beschädigen?
Wo und wie viel können wir kürzen, ohne die Symmetrie des Haushalts und der Arbeit der städtischen Mitarbeiter zu gefährden?
Anrede,
Wir werden die Mittel für die Fraktionen kürzen und keine Parkkarten für die Sitzungen mehr erhalten.
Wir haben die Struktur der Sitzungen verändert mit dem Ziel, weniger Kosten zu verursachen.
Wir machen mit unserem Antrag noch einmal deutlich, dass die meisten Ratsmitglieder die ihnen zustehenden Bus-Monatskarten nicht beanspruchen bzw. den Fahrkostenersatz nicht in Anspruch nehmen.
Wir wollen den Vorschlag der Verwaltung aufgreifen, den Seniorenbeirat abzuschaffen, auch weil in diesem Rat und in den Bezirksvertretungen ein sehr hoher Anteil von Senioren vertreten ist. Es ist unwidersprochen eine Querschnittsaufgabe des Rates und seiner Gremien, sich um Belange der Senioren und anderer sozialer Gruppen zu kümmern.
Wir werden zustimmen, das Beauftragtenwesen zurückzufahren und wir werden mittragen, die Nebenstelle des Bürgeramtes in Lüttringhausen zu schließen.
Wir werden die Personalstärke und damit die Aufgaben der Stadtverwaltung an die Bevölkerungsentwicklung anpassen und dabei auch zu Leistungseinschränkungen bereit sein.
Wir werden auf die Veränderungen in der Jugendhilfe genauso reagieren wie auf den Schülerrückgang.
Wir werden wahrscheinlich neue Schulen errichten und nicht mehr benötigte schließen müssen.
Wir werden die Ganztagsbetreuung in den Schulen genauso forcieren wie die Errichtung von echten Ganztagsschulen.
Wir wollen die Betreuung von unter 3-jährigen bedarfsdeckend ausbauen.
Wir wollen den Kulturbereich ebenso an die Größe und Bedeutung Remscheids anpassen wie die öffentlichen Einrichtungen und Angebote.
Wir können in den nächsten Jahren wie bisher die Unterhaltung städtischer Gebäude ebenso wenig sicherstellen wie die Pflege des öffentlichen Grüns.
Wir wollen auch die Steuern und Abgaben in vertretbarem Umfang anheben. Ein Wort in diesem Zusammenhang an die IHK: Die Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer ab dem 1.1.2012 um 10 Prozentpunkte bedeutet jeweils eine Erhöhung der Zahlungen um ca. 2%. Das ist der gesamte Beitrag der Wirtschaft in Remscheid an diesem Haushaltssicherungskonzept. Unzumutbar?
Ohne jetzt auf alle einzelnen Maßnahmen einzugehen behaupte ich, dass wir ein sehr ausgewogenes verantwortbares Kürzungspaket geschnürt haben, um gleichzeitig aber auch vieles neu zu gestalten und umformen zu können.
An dieser Stelle ist ein Dank angebracht: Ich danke meiner Kollegin Beatrice Schlieper, ich danke meinem Kollegen Wolf Lüttinger für die vielen Stunden gemeinsam verbrachter Freizeit, für das Verständnis, welches wir füreinander aufgebracht haben und für den gemeinsamen Willen, ein verantwortliches nennenswertes Kürzungsergebnis zustande zu bringen, ohne die städtischen Strukturen zu beschädigen.
Ich danke den drei Fraktionsgeschäftsführern Jutta Velte, Martin Brink und Philipp Wallutat für die gewaltige und hervorragende Arbeit der letzten Wochen.
Ich danke den Kolleginnen und Kollegen der drei Fraktionen der Gestaltungsmehrheit für das Erkennen von Notwendigkeiten und die Bereitschaft auch Unpopuläres zu tun.
Wir wollen und werden weiterhin beweisen, dass auch in der Not Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden sind.
Anrede,
jedem von uns ist klar, dass wir hier mit diesem Konvolut von verschiedensten Maßnahmen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem angestrebten Personalabbau der nächsten Jahre stehen, nicht schaffen, unser originäres Haushaltsdefizit zu beenden.
Aber wir werden selbstbewusst sagen können, dass wir getan haben, was unsere Aufgabe ist. Wir sind sparsam und wir bleiben sparsam, aber auch das wird leider nicht reichen.
Ich will hier an dieser Stelle nicht die inzwischen unzähligen Appelle und Forderungen der Kommunen an Land und Bund wiederholen oder etwas Neues hinzufügen, aber lassen sie mich einfach der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass uns geholfen werden muss, weil wir seit fast 20 Jahren eine Sparrunde nach der anderen fahren.
Jeder soll es wissen, jeder muss es wissen:
Remscheid ist ausgepresst!
Bei uns ist nichts Nennenswertes mehr zu holen. Wir sind schon halb über der Kante und wir werden endgültig abstürzen, wenn uns nicht geholfen wird, in Düsseldorf und Berlin!
Die SPD-Fraktion und die Gestaltungsmehrheit unterstützen nachdrücklich die Unterzeichner und die Demonstranten vor und im Rathaus, die die Forderungen des Bündnisses für Remscheid vertreten.
Wir sind dem Bündnis für sein Engagement dankbar, denn wir brauchen als Selbstverwaltungskörperschaft eine angemessene Finanzausstattung um die Aufgaben zu erledigen, die uns der Staat als Pflichtaufgaben auferlegt hat.
Allerdings sollte keiner glauben oder glauben machen, dass die berechtigten Forderungen nach mehr Geld von Bund und Land dazu führen werden, dass wir ernsthaft damit rechnen könnten, dass alleine Remscheid zukünftig mit 100 Mio. jährlich unterstützt wird.
Nein denn auch die anderen Städte werden ähnliche Summen fordern. Wie viel Milliarden Euro das bundesweit ausmachen würde, kann jeder vielleicht schätzen. Allein in NRW liegen die Kassenkredite bei etwa 20 Milliarden .
Deshalb werden die Forderungen, dass auch die Kommunen etwas tun müssen, aus Sicht von Land und Bund nicht aufgeben werden.
Anrede,
in diesem Zusammenhang möchte ich den Besserwissern hier und anderswo aber noch ins Stammbuch schreiben:
Ich bin es leid, übrigens wie die überwiegende Mehrzahl der Kolleginnen und Kollegen hier im Saal, dass wir ständig als Verschwender bezeichnet werden oder auch als unfähige eigensüchtige Parteienvertreter.
Keinem von uns macht es Spaß, Etats und Haushaltsstellen zu kürzen, sprich Mitarbeitern der Stadt oder den Vertretern von Trägern und Vereinen Geld für ihre Aufgaben zu nehmen. Aber auch dafür sind wir gewählt, ob es uns, Mitarbeitern der Verwaltung, Sprechern von Vereinen und Verbänden oder Bürgern unserer Stadt gefällt oder nicht.
Alle Ausgaben müssen finanziert werden, möglichst mit ordentlichen Einnahmen, aber bitte nicht weiter mit gepumptem Geld. Zurzeit muss die Stadt jährlich ihren Etat von ca. 320 Mio. mit jährlich steigenden fast 600 Mio. Überziehungskrediten sicherstellen.
Das bedeutet einen Zuwachs an frischen Krediten alleine in diesem Jahr von knapp 100 Mio. für laufende Kosten.
Anrede
Lassen sie es mich noch einmal sagen:
die Kredithöhe von z. Zt. 800 Mio. ist beängstigend, aber sie macht mir dabei nicht die größten Sorgen. Deswegen noch einmal an alle, die es immer noch nicht verstanden haben:
Unser Problem ist das große jährliche Defizit von rund 100 Mio. .
Wir geben nicht 100 Mio. jährlich zu viel aus, weil wir unfähig sind oder weil wir das Geld verschwenden, sondern weil wir den größten Teil des Geldes auf Grund der bestehenden Gesetze und Vorschriften ausgeben müssen.
Wir können weder die Höhe der Einnahmen maßgeblich bestimmen noch die Höhe der Ausgaben. Jedes neue Gesetz, jede neue Vorschrift, egal ob sie aus Brüssel, Berlin oder Düsseldorf kommt, muss von den Städten und damit auch von der Stadt Remscheid umgesetzt werden.
Das heißt in 99% der Fälle:
mehr Arbeit, mehr Kosten, mehr Ausgaben, mehr Kredite.
Anrede,
Das kann, das darf so nicht weitergehen.
Allen, die mit dem heute zu beschließenden Kürzungspaket unzufrieden sind, entweder dass
zu viel gekürzt wurde,
oder zu wenig,
oder an der verkehrten Stelle,
oder es ausgerechnet ihn traf
oder überhaupt kein Sinn darin erkannt wird,
dem möchte ich noch ein Wort des altgriechischen Philosophen Platon in Erinnerung rufen:
Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg:
Nämlich, es allen Recht machen zu wollen.
Anrede,
ich fürchte allerdings, dass wir bei Kürzungen des Haushalts es niemandem, aber es insbesondere nicht allen Recht machen können.
Deshalb sollten wir auch der Verlockung widerstehen, es überhaupt zu versuchen.
Ich hoffe auf eine zügige an der Sache ausgerichtete Beratung des uns vorliegenden Maßnahmenkonzepts, einschließlich der Anträge der Fraktionen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns allen ein gutes Gelingen und anschließend eine ausreichende Nachtruhe.
Es gilt das gesprochene Wort.