
Auf Einladung des Bundesverbandes spanischer sozialer und kultureller Vereine haben der Vorsitzende der Remscheider SPD, Jörg-Dieter Krause und die Integrationsratsvorsitzende Erden Ankay-Nachtwein am Empfang des Verbandes zum diesjährigen Internationalen Frauentag teilgenommen.
Über 200 Frauen aus mehreren Städten Nordrhein-Westfalens und eine handvoll Männer hatten den Weg in die Kantine von Oerlikon an der Trecknase in Lennep gefunden, hierunter der Konsul Spaniens.
Anbei das Grußwort des Vorsitzenden der Remscheider SPD, Jörg-Dieter Krause:

bei der Formulierung meines Grußwortes stand und stehe ich direkt am Anfang meiner kurzen Rede vor einem Dilemma. Die Frage aller Fragen, die sich mir als erstes aufdrängte, lautet:
Wen begrüße ich eigentlich als erstes?
Begrüße ich den Vorsitzenden des einladenden Verbandes – oder dem Anlass entsprechend die Vertreterin der Frauen des einladenden Verbandes als erstes?
Ich erlaube mir einen kleinen Kunstgriff, indem mich bei dem gesamten Vorstand des Bundesverbandes der spanischen sozialen und kulturellen Vereine in Deutschland für die Einladung bedanke!
Sehr geehrte Frau Capilla Valdivia,
Sehr geehrter Herr Espinosa Segovia

Ich freue mich, dass ich seit meiner Wahl zum Vorsitzenden der Remscheider SPD vor gut fünf Monaten bereits zum zweiten Mal Gast einer Veranstaltung von Ihnen sein darf.
Im November habe ich mein Grußwort mit einem fast schon legendär gewordenen Zitat des Schweizer Autors und Dramatikers Max Frisch begonnen. Es lautete: „Wir riefen Arbeitskräfte, es kamen aber Menschen.“
Wir befinden uns heute zur Feier des Internationalen Frauentages in der Kantine der Fa. Oerlikon, die die Remscheiderinnen und Remscheider immer noch als „Barmag“ kennen. Hier an diesem Standort arbeiteten in Spitzenzeiten einmal 4000 Menschen. Frauen und Männer. Einer davon war ich. Zunächst in den Semesterferien, um mein Studium zu verdienen und später als Diplomand im Personalbereich.
Alles lange her … in den 90ern.
Zurück zum internationalen Frauentag:
Ich beginne einmal mit der Aussage:
„Ohne Frauen ist kein Staat zu machen!“
Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Wer eine Gleichberechtigung der Geschlechter nicht nur an Feiertagen beschwören, sondern tagtäglich für die Erreichung dieses Ziels arbeiten möchte, muss – ganz im Sinne des Gründers des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) als Vorläuferorganisation der heutigen SPD, Ferdinand Lassalle – damit beginnen auszusprechen, was ist.
Allerdings sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass Lassalle im Kampf um eine Frau (Helene von Dönniges) am 31.8.1864 im Alter von nur 39 Jahren im Duell starb.
Fakt ist auch heute, im Jahr 2023, dass
• Frauen immer noch weit überdurchschnittlich in Berufen arbeiten, die schlechter bezahlt werden als Berufe, in denen Männer arbeiten;
• dass Frauen für dieselbe Tätigkeit immer noch häufig schlechter bezahlt werden als Männer und
• dass die sogenannte CARE-Arbeit – als die Betreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen, wie selbstverständlich fast immer noch ausschließlich eine Angelegenheit der Frauen ist.
Letzte Woche war der Equal Pay Day 2023. Der Tag bis zu dem die Frauen dieses Jahr rechnerisch aufgrund der Lohnungerechtigkeiten bisher umsonst gearbeitet haben – eine Schande.
Und auch ich erlebe in meinem beruflichen Umfeld, wie rückkehrende Mütter mit Blick auf ihre nun anstehende Teilzeitbeschäftigung im Gehalt / in der Einstufung gedrückt werden sollen.
Betriebs- und Personalräte müssen dort genauer hinschauen und sich durchsetzen.
„Von Spanien lernen, heißt siegen lernen!“
Dieses Zitat galt vor einem Jahrzehnt fast ausschließlich im Bereich der Kulinarik und im Fußball – doch gewinnt dieses Zitat seit einigen Jahren auch in der Politik eine immer größere Bedeutung.
Nicht weniger als 5 Mio. Menschen Spanierinnen und Spanier beteiligten sich 2018 an einem landesweiten Streik, der unter das Motto „Wenn die Frauen streiken, dann steht die Welt still!“
Die Frauen streikten gegen Benachteiligungen am Arbeitsplatz, gegen gesellschaftliche Diskriminierung und auch gegen häusliche Gewalt.
Als Indiz für die fast schon als revolutionär zu bezeichnende Kraft dieser Aktion kann dienen, dass die großen Gewerkschaften Spaniens für diesen Tag lediglich zu einer zweitstündigen, man könnte sagen: symbolischen, Arbeitsniederlegung aufriefen – die Basis jedoch ihren Gewerkschaftsführungen nicht folgte und den gesamten Tag über der Arbeit fernblieben. Die Frauen waren aufgerufen, zu Hause weder zu putzen noch Kinder und Alte zu pflegen noch zu kochen.
Der Erfolg dieses landesweiten „feministischen Streiks“ – ich sage hier ganz bewusst nicht „Frauenstreik“ – war überwältigend, denn es stand im wahrsten Sinne des Wortes ein ganzes Land still, weil auch der öffentliche Nah- und Fernverkehr zum Erliegen kam und sich die öffentlichen Plätze in ein Meer aus Fahnen und Bannern verwandelten und deren Sprechchöre weltweit, in nahezu jedem Haushalt, gesehen wurden.
Doch, meine sehr verehrten Damen und Herren,
wurden die Forderungen auch gehört?
In den vergangenen Tagen machte die Regierung Spaniens unter dem sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez mit einer Gesetzesinitiative Schlagzeilen, wonach der Anteil von Frauen in der Regierung und in den Vorständen großer Unternehmen mindestens 40% betragen soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Allerdings macht ein Gesetz allein noch lange keinen Sommer!
Und wie wir ganz aktuell bei der Reform des spanischen Sexualstrafrechts gesehen haben, muss ein Gesetz auch gut gemacht und nicht nur gut gemeint sein. Sonst wird es kontraproduktiv.
Damit – wie auch schon in anderen Ländern gesehen und um in der Sprache der Fußballerinnen und Fußballer zu bleiben – aus einem fortschrittlich klingenden Gesetz keine Schwalbe wird, ist noch einiges zu tun!
Der Schlüssel hierfür war, ist und bleibt unser Bildungssystem! Und das gilt länderübergreifend.
Wer entscheidet sich – immer noch – weit häufig für Berufsbilder im Elementar- sowie im Primarbereich – also für die Kita und die Schulen?
Wer kann erahnen, welche Bereiche im deutschen Bildungssystem am schlechtesten bezahlt werden?
Und kann es einen Zusammenhang hierbei geben?
Ich denke, dass wir alle diese Fragen ohne viel nachzudenken beantworten können.
Ich als Banker und Diplomkaufmann würde mir wünschen, wenn der Internationale Frauentag künftig zu einem sogenannten „Benchmarking-Tag“ wird – also einem Tag, an dem wir messen können, wie stark wir in den vergangenen 365 Tagen dem Ziel „Gleichberechtigung der Geschlechter in allen gesellschaftlichen Bereichen“ auch wirklich nähergekommen sind.
Erfolge zu sehen ist besser als über Ziele zu sprechen.
In diesem Sinne:
Glück auf!
Buena Suerte!
Herzlichen Dank für ihre Aufmerksamkeit!